Multitools fürs Fahrrad – das gehört wirklich rein
Ob du täglich pendelst oder gern lange Touren fährst – ein Multitool gehört in jede Fahrradausrüstung. Es ersetzt keine voll ausgestattete Werkstatt, aber hilft dir bei vielen kleinen Pannen unterwegs. Hier erfährst du, was ein gutes Multitool ausmacht, welche Werkzeuge du wirklich brauchst und was in deiner Satteltasche nicht fehlen darf. Aus meiner Sicht als Fahrradmechaniker mit über 20 Jahren Erfahrung kann ich dir sagen: Es kommt nicht auf die Menge der Funktionen an – sondern auf die richtigen.
Diese Werkzeuge sollte ein gutes Multitool enthalten

Ein Multitool ist mehr als ein nettes Gadget – es ist dein Begleiter für viele kleine Pannen unterwegs. Bevor wir zu den einzelnen Werkzeugen kommen, hier kurz, warum jedes Teil zählt:
1 Sechskantschlüssel: Die wichtigsten Größen sind 2, 2,5, 3, 4, 5 und 6 mm. Ohne die kannst du keine Sattelhöhe einstellen, keine Klemmen nachziehen. Ich hatte mal vergessen, den 4er dabei zu haben – prompt war der Sattel locker. Warum die richtige Sitzposition entscheidend ist, erfährst du hier.
2 Sternprofil-Schlüssel (T25): Ohne den bekommst du bei vielen Scheibenbremsen keinen Bremssattel gelöst. Wenn du Hydraulikbremsen entlüften willst, brauchst du dieses Bit.
3 Kreuz- und Schlitzschraubendreher: Klassische Profile für Licht, Schutzbleche und Anbauteile. Zu kurze Bits? Nervig – kommst du nicht ran.
4 Kettennieter: Ich hatte mal einen Kettenriss im Wald – mit dem Tool und einem Ersatzglied war’s in 10 Minuten erledigt.
5 Speichenschlüssel: Nur sinnvoll, wenn du weißt, wie du zentrierst. Sonst Finger weg – oder vorher üben. Hier ein hilfreiches Video dazu, wie du ihn richtig anwendest: Laufrad zentrieren ohne Zentrierständer (YouTube).
6 Reifenheber: Lieber als Extra aus Kunststoff. E‑Bike‑Reifen brauchen meist mehr Hebelkraft – da zählt das Material.
Tipp am Ende: Teste dein Multitool samt allen Funktionen einmal Zuhause – Steckprobe in deine Schrauben, Öffnen der Bits, Kettennieten – bevor du es auf Tour mitnimmst. Einmal im Wald scheitert man schnell am vermeintlichen Allrounder.
Worauf du verzichten kannst: Maulschlüssel, Flaschenöffner oder gar Nagelfeilen – die machen das Tool nur schwerer, ohne echten Nutzen.
Sinnvolle Zusatzfunktionen – ja oder nein?
Ich hab im Laufe der Jahre viele Multitools in der Hand gehabt – manche top, manche eher Werkzeugtombola. Klar ist: Ein paar Zusatzfunktionen können sinnvoll sein, aber vieles ist schlicht überflüssiger Ballast. Wenn du regelmäßig schraubst oder auf längeren Touren unterwegs bist, lohnt sich ein zweiter Blick. Hier meine Einschätzung:
1 Kettenmesslehre: Praktisch, wenn du die Kettenlängung regelmäßig kontrollieren willst. Ich nutze sie in der Werkstatt oft, unterwegs aber eher nie. Wenn du nicht weißt, wie du sie richtig einsetzt, bringt sie dir auf Tour wenig.
2 Ventilwerkzeug: Bei Tubeless-Reifen und defekten Ventileinsätzen eine echte Hilfe. Ich hab damit schon ein zickiges Ventil gerettet. Wer schlauchlos fährt, sollte so ein Tool an Bord haben – alle anderen eher nicht.
Expertentipp: Wenn beim Aufpumpen kaum Luft reingeht oder das Tubeless-Ventil sifft, liegt's oft am lockeren Ventileinsatz. Mit dem Ventilwerkzeug kannst du das Teil festziehen oder wechseln – spart dir im Zweifel eine neue Kartusche oder Pumpeinsatz.
3 Speichenspanner: Funktioniert, wenn du weißt, was du tust. Ich hatte mal einen Kunden, der sich das Rad komplett verzogen hat, weil er einfach drauflos gedreht hat. Wenn du zentrieren gelernt hast: okay. Ansonsten lieber im Video nachsehen – hier wird gezeigt, wie es richtig geht.
4 Flaschenöffner, Schaber, Feilen: Klingt witzig, hilft dir aber nicht weiter, wenn die Kette springt. Ich will unterwegs schrauben – nicht grillen.
Mein Tipp: Frag dich vor dem Kauf, ob du die Funktion wirklich nutzt. Und wenn du dir nicht sicher bist – teste das Tool zu Hause einmal richtig durch. Alles, was hakt oder sich komisch anfühlt, fliegt bei mir gleich wieder raus.
Welches Multitool passt zu welchem Fahrradtyp?
Nicht jedes Fahrrad stellt die gleichen Anforderungen an ein Multitool. Je nach Einsatzgebiet brauchst du andere Schlüsselgrößen, Bits oder Zusatzfunktionen. Es macht einen Unterschied, ob du am leichten Rennrad schnell einen Flaschenhalter nachziehst – oder unterwegs am schweren E-Bike die Kette reparierst. Hier eine praktische Einordnung:
1 Rennrad: Schlanke Tools mit 4–6 Funktionen reichen meist. Wichtig: 2–5 mm Inbus, Kreuzschlitz, evtl. Kettennieter. Gewicht zählt hier – und dass es in die Trikottasche passt.
2 Mountainbike: Belastung ist höher – dein Tool sollte robust sein, mit griffigen Bits, T25-Torx, großem Inbus (bis 8 mm), Speichenschlüssel und Kettennieter. Bei langen Touren lohnt sich ein stärker ausgestattetes Modell.
3 City- / Trekkingrad: Viele klassische Schrauben: Kreuz, Schlitz, Inbus. Wichtig sind gute Hebelwirkung und einfache Handhabung. Gewicht ist hier weniger kritisch als Funktionalität im Alltag.
4 E-Bike: Das Mehrgewicht belastet das Werkzeug zusätzlich – schwache Tools brechen hier schnell. Achte auf gehärteten Stahl und klare Bit-Größen. Wenn dein Bike Spezialschrauben (z. B. Motorcover) hat: Spezialbit mitnehmen.
Expertentipp: Gute Multitools erkennen Profis an präziser Verarbeitung und sauberer Bitaufnahme – idealerweise nach DIN ISO 2936 oder DIN ISO 1174. So vermeidest du ausgenudelte Schrauben und wackelnde Bits – besonders bei Aluminiumteilen oder Carbon.
Werkstattcheck: Was gehört in jede Satteltasche?

Wenn du unterwegs eine Panne hast, willst du nicht lange suchen müssen. Eine gut gepackte Satteltasche spart dir Nerven – und im Zweifel auch den Tag. Ich hab über die Jahre meine persönliche Standardausrüstung entwickelt. Was wirklich reingehört, hängt davon ab, wie und wo du fährst – aber diese Basics bewähren sich fast immer:
1 Multitool: Dein wichtigstes Werkzeug. Achte darauf, dass es stabil und griffbereit ist.
2 1–2 Ersatzschläuche: Für längere Touren oder bei Reifen mit empfindlicher Pannenschutzlage. Ich hatte schon zwei Platten an einem Tag.
3 Reifenheber: Am besten drei Stück aus Kunststoff – schonend zur Felge und gut greifbar.
4 Kettennieter (falls nicht im Tool): Ohne Nieter keine Chance bei Kettenriss – insbesondere abseits der Straße.
5 Kettenschloss oder Ersatzglied: Erspart dir Frickelei mit dem Bolzen. Ich hab immer eins dabei – klein, aber Gold wert.
6 Mini-Pumpe oder CO₂-Kartusche: Ich persönlich setze auf die Pumpe – keine Abhängigkeit, mehrfach verwendbar.
7 Flicken-Set oder Patches: Für den Fall, dass dir der letzte Schlauch draufgeht. Gute Sets nehmen kaum Platz weg.
8 Handschuhe & Lappen: Damit du nicht mit öligen Fingern weiterradeln musst. Schützt auch die Kleidung.
Zusätzlich sinnvoll – je nach Tour und Radtyp: Kabelbinder, Isolierband, etwas Bargeld, ein Zettel mit Notfallkontakt. Ich hab damit schon mal ein Lampenhalter geflickt – hielt 40 km.
Pack deine Satteltasche nicht „für alle Eventualitäten“, sondern für die häufigsten Pannen – Schlauch, Kette, Luft. Was du doppelt dabei hast, ist oft Ballast. Besser: regelmäßig prüfen, was du wirklich brauchst, und im Alltag testen, ob du im Ernstfall alles schnell findest.
So reparierst du eine gerissene Kette mit dem Multitool
Ein Kettenriss kommt meist überraschend – und immer im ungünstigsten Moment. Ich hatte das schon mitten im Wald, weit weg vom nächsten Ort. Wenn du ein Multitool mit Kettennieter und ein Kettenschloss dabeihast, kannst du das Problem in wenigen Minuten lösen. So gehst du vor:
- Defekte Stelle finden: Schiebe das Rad rückwärts und schau dir die Kette genau an. Oft siehst du das verbogene oder gebrochene Glied sofort.
- Kette auf Spannung bringen: Hänge die Kette von den Kettenblättern ab, damit du in Ruhe arbeiten kannst. Du brauchst Zugang zu beiden Seiten des defekten Glieds.
- Kettennieter ansetzen: Setze das Multitool so an, dass du den Bolzen des beschädigten Glieds langsam herausdrehst. Nicht komplett rausdrücken – sonst bekommst du ihn kaum wieder rein.
- Glied entfernen: Entferne das beschädigte Segment vorsichtig. Achte darauf, dass du danach zwei Außenglieder übrig hast – sonst kannst du kein Kettenschloss verwenden.
- Ersatzglied oder Kettenschloss einsetzen: Falls du ein Kettenschloss hast, einfach einrasten lassen. Ansonsten drückst du den Bolzen mit dem Kettennieter wieder ein – langsam, gleichmäßig, zentrisch.
- Beweglichkeit prüfen: Ist das neue Glied leichtgängig? Wenn nicht, vorsichtig etwas seitlich bewegen oder noch einmal leicht nachdrücken.
- Probefahrt: Drehe die Kurbel einmal durch und schalte durch mehrere Gänge. Wenn alles sauber läuft, kannst du weiterfahren.
Tipp: Übe das Kettennieten zu Hause mit einem alten Kettenstück – im Gelände ist Stress dein größter Gegner.
Typische Fehler – und wie du sie vermeidest

Ich hab selbst einige dieser Fehler gemacht – und dabei Werkzeug, Nerven und Zeit verloren. Hier sind die häufigsten Stolperfallen beim Multitool-Kauf und was du besser machst:
1 Nur aufs Design achten: Sieht schick aus, aber liegt schlecht in der Hand? Dann wird’s beim Schrauben zur Qual. Ich hatte mal ein Tool mit geschliffener Alu-Oberfläche – super stylish, aber so rutschig, dass man damit kaum Druck aufbauen konnte.
2 Fehlende Bitgrößen: Ein Multitool bringt dir nichts, wenn ausgerechnet der 4er oder 5er Inbus fehlt – und das ist genau die Größe, die du an Sattel, Vorbau oder Bremsen brauchst. Vor dem Kauf immer prüfen, welche Schrauben dein Rad wirklich hat – und ob das Tool dazu passt.
3 Billige Verarbeitung: Weiche Metalle, wackelige Gelenke, unsaubere Kanten – all das führt dazu, dass du unterwegs mehr fluchst als reparierst. Ich hatte mal einen Kettennieter, der beim zweiten Einsatz abgebrochen ist. Seitdem: Nur noch gehärteter Stahl und solide Konstruktion.
4 Überflüssige Funktionen: Flaschenöffner, Nagelfeile, Schaber – alles schön, aber nutzlos, wenn die Basics fehlen. Lieber ein kompaktes Tool mit 6 wirklich nützlichen Funktionen als ein Klappmesser mit 25 Spielereien.
Expertentipp: Wenn du ein neues Multitool kaufst: Probier es zu Hause an deinem Rad aus. Check, ob du damit alle wichtigen Schrauben erreichst, ob du genug Hebel hast und ob sich die Bits leicht ausklappen lassen. Wenn nicht – zurück damit. Besser jetzt merken als später mit kaputten Händen im Regen stehen.
Fazit: Weniger ist mehr – aber das Richtige muss mit
Ich sag’s so: Ein gutes Tool, das passt und funktioniert, ist Gold wert. Lieber klein und zuverlässig als groß und klapprig. Und denk dran: Kein Werkzeug ersetzt Erfahrung – aber gutes Werkzeug hilft dir, sie zu machen.
FAQ – Häufige Fragen zu Multitools und Satteltasche
Was sollte ein gutes Multitool fürs Fahrrad unbedingt enthalten?
Mindestens Sechskantschlüssel (2–6 mm), T25, Kreuz/Schlitz, evtl. Kettennieter.
Wofür brauche ich einen Kettennieter unterwegs?
Wenn die Kette reißt, kannst du sie mit dem Tool kürzen und reparieren.
Wie finde ich das passende Multitool für mein Rad?
Schau dir an, welche Schrauben du am Rad hast – und probier’s vorher aus.
Reicht ein Multitool für alle Reparaturen unterwegs?
Für die meisten Fälle ja – für Spezialarbeiten brauchst du daheim besseres Werkzeug.
Wie packe ich meine Satteltasche am besten?
Multitool, Schlauch, Reifenheber, Flickzeug, Handschuhe, Pumpe – ordentlich verstauen, nix vergessen.
Sind günstige Multitools brauchbar?
Fürs Erste ok – aber auf Dauer lohnt sich Qualität. Ich hab’s oft genug erlebt.